Hinweispapiere

Das eHighway-System – Zielgruppenspezifische Hinweispapiere

Die Ergebnisse der ersten Pilotphase der Erprobung des eHighway-Systems auf der A5 zwischen Frankfurt und Darmstadt wurden ihm Rahmen von zielgruppenspezifischen Hinweispapieren zusammengestellt.

Teilprojekt ELISA II-B: Vorbereitung, Durchführung und Evaluation eines realitätsnahen Probebetriebs von OH-Lkw auf der ELISA-Versuchsanlage

Zur Dekarbonisierung des Straßengüterverkehrs werden derzeit eine Vielzahl von alternativen Antriebssystemen erforscht und diskutiert. Seit 2019 wird das sogenannte eHighway-System, eine Technologie zur dynamischen Versorgung von Lkw mit Strom über einen Pantographen während der Fahrt, auf der hessischen Oberleitungsteststrecke zwischen Frankfurt am Main und Darmstadt erprobt. Ziel dieses Beitrags ist die zusammenfassende Darstellung der wichtigen Erkenntnisse, die im Projekt im Rahmen von zielgruppenspezifischen Hinweispapieren erarbeitet wurden.

Highlights

  • Das eHighway-System ermöglicht die Realisierung eines emissionsfreien Straßengüterverkehrs bei gleichzeitiger Einsparung der verwendeten Energiespeicher hinsichtlich Größe und Gewicht, dank dynamischen Ladens. Zukünftige Oberleitungs-Lkw können auch ohne Verbrennungsmotor einsatzfähig sein.
  • Die Transportunternehmen schätzen an den OH-Lkw insbesondere den flexiblen Einsatz und die Möglichkeit des dynamischen Ladens während der Fahrt.
  • Die Oberleitungsinfrastruktur ist ausgereift, ein stabiler und zuverlässiger Anlagenbetrieb wird bestätigt.
  • Das eHighway-System zeigt bislang keine Veränderungen im Verkehrsverhalten von Verkehrsteilnehmenden.
  • Der Ausbau der Oberleitungsinfrastruktur bedarf der Einbindung der Öffentlichkeit.

Forschungsschwerpunkte

Über den Untersuchungszeitraum der ersten Pilotphase des Forschungsprojektes ELISA II-B („Elektrischer, innovativer Schwerverkehr auf Autobahnen“) zwischen Mai 2019 und Juni 2022 wurde das eHighway- System fahrzeug- und infrastrukturseitig getestet und eine Vielzahl relevanter verkehrlich-technischer und energietechnischer, ökologischer, ökonomischer, rechtlich-organisatorischer und akteursspezifischer Fragestellungen, die für einen Ausbau des Systems relevant sind, gemeinsam mit Wissenschafts- und Industriepartnern evaluiert. Die Ergebnisse der Evaluation wurden durch das Projektkonsortium in zielgruppenspezifischen Hinweispapieren zusammengefasst, mit dem Ziel, den Informationsbedarf diverser Akteurs- und Interessengruppen zu decken.

Forschungsschwerpunkte ELISA
Forschungsschwerpunkte ELISA

Die Ergebnisse des Begleitforschung des Einsatzes der fünf O-LKW der ersten Generation zeigen auf, dass die eingesetzten O-LKW die operativen und technischen Anforderungen der Transportunternehmen erfüllen und erfolgreich in logistische Prozesse integriert werden konnten. Unter Berücksichtigung des derzeitigen Standorts und Länge der Oberleitungsinfrastruktur stellt sich der regionale Shuttle-Verkehr als besonders vorteilhaftes Einsatzszenario heraus. Die O-LKW der ersten Generation operieren in verschiedenen Betriebsmodi, darunter Hybrid- und Elektromodi mit und ohne Nutzung der Oberleitungsinfrastruktur. Die Zusammensetzung der Betriebsmodi hängt von verschiedenen Faktoren ab wie der Rekuperation, der Länge und dem Ausnutzungsgrad einer Oberleitungsinfrastruktur, der aufgenommenen elektrischen Energie während der verbundenen Fahrt sowie der Lage der elektrifizierten Strecke(n) im Fahrtverlauf. Der Stromverbrauch der O-LKW bei elektrischer Fahrt unter der Oberleitung beträgt bei konstanter Geschwindigkeit (ca. 85 km/h) im ebenen Gelände und mittlerer Auslastung eines Fahrzeugs in etwa 1 bis 1,3 kWh je Kilometer. Der Gesamtverbrauch der O-LKW ist trotz der noch begrenzten Oberleitungsinfrastruktur bereits merklich geringer als der eines vergleichbaren Diesel-LKWs. Beeinflusst wird der Gesamtverbrauch besonders durch den elektrifizierten Streckenanteil. Bei einem ausreichend hohen Anteil elektrifizierter Streckenabschnitte können Kraftstoff-Einsparungen von bis zu 100 % erreicht werden. Damit einher geht auch die Reduktion der Treibhausgasemissionen. Insofern O-LKW elektrisch betrieben werden, können Treibhausgasemissionen in erheblichem Umfang eingespart werden. Ein treibhausgasemissionsfreier Transport ist möglich, insofern die Fahrzeuge über einen ausreichend leistungsfähigen Elektromotor verfügen, die verbaute Batterie angemessen dimensioniert ist und das eHighway-System ausschließlich mit Ökostrom versorgt wird. Einen großen Einfluss auf den erfolgreichen Betrieb von O-LKW hat außerdem die Akzeptanz der O-LKW durch die Fahrer:innen. Die Ergebnisse von Experteninterviews sowie einer schriftlichen Befragung zeigen, dass die Fahrer:innen zufrieden mit dem O-LKW sind und die Fahrt als abwechslungsreich empfinden. Die Bedienung erfordert erhöhte Aufmerksamkeit, wird aber mit zunehmender Erfahrung als wenig anstrengend empfunden. Die Mehrheit der Fahrer:innen zeigt Interesse am langfristigen Einsatz des O-LKW.

Hier kann das Hinweispapier für Transporteure heruntergeladen werden:

Hinweispapier Transporteure (wird in neuem Tab geöffnet)

Bisher wurden in der ersten Pilotphase Sattelzugmaschinen mit einem Pantographen ausgestattet. Dazu wurde die Sattelplatte nach hinten verschoben um Platz hinter der Fahrerkabine für das Traggestell des Pantographen zu schaffen. Durch diese bauliche Veränderung wird der gesamte Sattelzug etwas verlängert mit einer entsprechenden Genehmigung bei der Zulassung konnte dies jedoch ausgeglichen werden. Weiterhin entsteht durch die Installation eines Pantographen inkl. Zusatzkomponenten auf das Basisfahrzeug eine geringe Erhöhung des Leergewichts. Diese Gewichtserhöhung von ca. 1,8 t konnte durch die Genehmigung eines zulässigen Gesamtgewichts des Sattelzugs von bis zu 41,8 t ausgeglichen werden.

Ein wichtiges Ziel des Realbetriebs der ersten Generation von O-Lkw war die Analyse der Veränderung der Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit der O-Lkw. Im Ergebnis zeigt sich, dass die Verfügbarkeit der O-Lkw untereinander variiert. Ein Lkw hatte eine Verfügbarkeit von über 80%, während ein anderer nur ca. 59% erreichte. Im Durchschnitt lag die Verfügbarkeit bei ca. 75%. Bei der reinen Betrachtung des Pantographs konnte eine deutlich höhere Verfügbarkeit von im Mittel 91% nachgewiesen werden.

Hier kann das Hinweispapier für Fahrzeughersteller heruntergeladen werden:

Hinweispapier Fahrzeughersteller (wird in neuem Tab geöffnet)

Über den Zeitraum der ersten Pilotphase wurde ein durchschnittlicher Grundlastverbrauch von 2,93 kWh/15min ermittelt. Die Energieversorgung erfolgte über den Spotmarkt und konnte flexibel auf Nachfrageschwankungen reagieren. Die Integration erneuerbarer Energien ist mit Windkraftanlagen kompatibler als mit Photovoltaikanlagen. Es wurde festgestellt, dass bei der aktuellen Frequentierung und den Leistungskennwerten der O-Lkw zu keinem Zeitpunkt kritische Netzengpässe oder Energieversorgungsengpässe auftraten. Langfristig können durch den Einsatz von Energiespeichern eine vollständige Abdeckung des Energiebedarfs ermöglicht werden.

Die Ergebnisse der Akzeptanzbefragung von Personen aus dem Energiesektor lässt eine positive Haltung der Energiewirtschaft gegenüber der Oberleitungstechnologie ableiten. Hervorzuheben ist hier sowohl die hohe erkannte Zukunftsfähigkeit im eigenen Geschäftsfeld als auch die wohlwollende Haltung gegenüber einem Ausbau. Als größte Chance der straßengebundenen Oberleitungstechnologie ist hier gleichermaßen die Reduzierung der Schadstoffemissionsbelastung, wie auch die Reduzierung der Importabhängigkeit bei fossilen Brennstoffen und das Einhalten der Klimaschutzziele 2030 zu nennen. Große Herausforderungen sieht die Branche in den die Oberleitung tangierenden Genehmigungsverfahren und den rechtlichen Rahmenbedingungen.

Hier kann das Hinweispapier für Energieversorgungsunternehmen heruntergeladen werden:

Hinweispapier Energieversorgungsunternehmen (wird in neuem Tab geöffnet)

Mit Inbetriebnahme der Oberleitungsinfrastruktur auf der A5 im Mai 2019 konnte erstmalig der Realbetrieb auf einer deutschen Autobahn ermöglicht werden. Die Rolle des Oberleitungsinfrastrukturbetreibers übernimmt die Autobahn GmbH des Bundes. Die Überwachung und Steuerung der Anlage erfolgt in der Leitstelle der Verkehrszentrale Deutschland. Dieses Kontrollzentrum bietet bereits etablierte Strukturen in die die Kontrollaufgaben der Oberleitungsanlage mit vergleichsweise geringen Kosten und Prozessänderungen integriert werden konnte. Zusätzliche Mitarbeitende wurden angestellt und entsprechend geschult mit besonderem Fokus auf Störfall- oder Notfallmanagementaufgaben. Unterstützt werden die Mitarbeitenden in der Leitstelle durch ein Kamerasystem. Als erste Zwischenbilanz des Betriebs der Oberleitungsanlage kann festgehalten werden, dass die Funktion des Oberleitungsinfrastrukturbetreibers jederzeit eindeutig und rechtssicher besetzt und die damit verbundenen Aufgaben erfolgreich erfüllt werden konnten.

Hinweispapier Oberleitungsinfrastrukturbetreiber (wird in neuem Tab geöffnet)

Für die Errichtung der Oberleitungsanlage konnten Erfahrungswerte aus dem Schienenverkehr übertragen werden sowie neue Erkenntnisse bei der Errichtung auf einer deutschen Autobahn gewonnen werden. Beachtet wurde bei der Planung der Oberleitungsanlage mit einer voraussichtlichen Nutzungsdauer von mindestens 20 Jahren verschiedene Faktoren wie Umweltbedingungen, Standortanforderungen, Materialauswahl und geologische Gegebenheiten. Die Auswirkungen des Winterdienstes, Salzablagerungen, Korrosion und Hitze wurden ebenfalls betrachtet. In einigen Fällen erforderten spezifische Standortbedingungen, wie die Unterführung einer Brücke individuelle Lösungen.

Hier kann das Hinweispapier für Oberleitungsinfrastrukturerrichter heruntergeladen werden:

Hinweispapier Oberleitungsinfrastrukturerrichter (wird in neuem Tab geöffnet)

Im Projekt ELISA liegen die Funktionen des Straßeninfrastrukturbetreibers und des Oberleitungsinfrastrukturbetreibers in derselben Hand – bei der Autobahn GmbH des Bundes. Neben der Aufrechterhaltung des Oberleitungsanlagenbetriebs ist aus Sicht des Straßeninfrastrukturbetreibers die Aufrechterhaltung des Verkehrsablaufs sowie die mögliche Veränderung im Fahrverhalten der Verkehrsteilnehmenden aufgrund des eHighway-Systems entscheidend. Zur Analyse des Fahrverhaltens wurden Auto- und Lkw-Fahrer befragt. Die Ergebnisse zeigen, dass mehr als zwei Drittel der Befragten keinen Fahrstreifenwechsel aufgrund des Systems durchführen. Etwa 10,3% wechseln aus Neugier den Fahrstreifen, um nach O-Lkw Ausschau zu halten. Die Bedenken gegenüber dem System sind gering, mit Ausnahme einiger Bedenken hinsichtlich Rettungseinsätzen und Ablenkung.

Die Analysen der Verkehrsdaten innerhalb des Streckenabschnitts der Oberleitungsanlage zeigen keine signifikanten Unterschiede im Verkehrsablauf vor und nach der Einführung des eHighway-Systems auf. Bauliche Anpassungen wurden vorgenommen, hatten jedoch keinen wesentlichen Einfluss auf den Verkehrsfluss. Großraumtransporte wurden berücksichtigt, ohne den Oberleitungsanlagenbetrieb zu beeinträchtigen.

Hinweispapier Straßeninfrastrukturbetreiber (wird in neuem Tab geöffnet)

Die Ergebnisse zeigen, dass die Oberleitungsanlage einen Einfluss auf die Unterhaltungsmaßnahmen im Rahmen des Straßenbetriebsdienstes hat. Beeinflusst werden durch die Oberleitungsanlage insbesondere die Gehölz- und Grünpflege entlang des ausgestatten Abschnittes. Durch die Errichtung eines Fahrzeugrückhaltesystems wird die Bankettpflege erschwert, da die Mitarbeitenden die Betonschutzwand übersteigen müssen. Neben den bestehenden Unterhaltungsmaßnahmen übernimmt der Straßenbetriebsdienst außerdem die Aufgabe der monatlichen Befahrung der Oberleitungsanlage zur Feststellung von möglichen Mängeln und Schäden.

Hinweispapier für Straßenbetriebsdienste (wird in neuem Tab geöffnet)

In die Evaluation aus Sicht der Gesamtgesellschaft flossen insbesondere die gesellschaftliche Akzeptanz des eHighway-Systems, die Zuverlässigkeit der Oberleitungsanlage sowie die Einbindung der Rettungskräfte mit ein.

Die Auswertungen zeigten, dass zum aktuellen Zeitpunkt die Akzeptanz des eHighway-Systems in der Gesellschaft uneinheitlich ist. Die gespaltene Meinung entsteht insbesondere aufgrund der Sorge hinsichtlich der Erschwerung von Rettungseinsätzen, dem Eingriff in das Landschaftsbild und möglichen Zeitverlusten entlang der Strecke. Weiterhin zeigen die Analysen auf, dass öffentlichkeitswirksame Ereignisse wie der Bau der Teststrecke oder Streckeneröffnungen das Interesse am eHighway-System erhöht haben. Eine kontinuierliche Informationsbereitstellung und Aufklärung über die Möglichkeiten des eHighway-Systems einen Beitrag zu den Klimaschutzzielen zu leisten, bilden eine wichtige Grundlage für den Ausbau des Systems.

Für die Analyse der Verfügbarkeit der Oberleitungsanlage wurden sechs Kategorien von Betriebsunterbrechungen identifiziert, darunter Störungs-, Witterungs- und unfallbedingte Unterbrechungen. Basierend auf den Kategorien wurde die Anlagenverfügbarkeit ermittelt. Im Jahr 2019 betrug sie etwa 76,7% in beiden Fahrtrichtungen. In den folgenden Jahren stieg die Verfügbarkeit auf bis zu 96,4%, wobei eine Verfügbarkeit von über 98% erreicht werden kann.

Die Rettungskräfte spielen eine entscheidende Rolle bei der Gefahrenabwehr im eHighway-System. Daher war eine frühzeitige Einbindung der Rettungskräfte in die Planung und Umsetzung des eHighway-Systems essentiell. Vor Start des Realbetriebs wurden die Rettungskräfte im Einzugsgebiet der Oberleitungsanlage sowohl an Oberleitungsinfrastruktur als auch an den O-Lkw geschult. Von großer Bedeutung waren hierbei die sichere Abschaltung der Oberleitungsanlage und die Kommunikation der Spannungsfreiheit. Anpassungen im Einsatzkonzept wurden entsprechend vorgenommen und in Prozesse überführt.

Hier kann das Hinweispapier für die Gesamtgesellschaft heruntergeladen werden:

Hinweispapier Gesamtgesellschaft (wird in neuem Tab geöffnet)

Mehr erfahren

Mehr Informationen können Sie der Veröffentlichung im Internationalen Verkehrswesen entnehmen.

Beitrag in „Internationales Verkehrswesen“ (wird in neuem Tab geöffnet)

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