Dreitägige Exkursion nach Süddeutschland
Sommer-Exkursion 2023

Große Sommer-Exkursion 2023 am Institut VWB

Vom 27.09. bis 29.09.2023 fand die diesjährige Sommer-Exkursion des Instituts für Verkehrswegebau statt. Diese führte uns dieses Mal nach Stuttgart (NBS Wendlingen-Ulm und Stuttgart 21), München (Firma Maurer, 2. S-Bahn-Stammstrecke) sowie Ludwigshafen am Rhein (Firma Vögele).

Gruppenfoto mit den Studierenden
Gruppenfoto mit den Studierenden

Die Exkursion startete um 8 Uhr morgens an der Lichtwiese mit einer Busfahrt in Richtung Stuttgart. Um ca. 11 Uhr kam der Bus an der Baustelle des Ostportals des Fildertunnels an. Die Baustelle ist Teil des Loses C des Projekts „Stuttgart 21 (S21)“. Am ersten Exkursionstag wurden die Teilnehmenden von Herrn Dr. Ondrej Tomaschko sowie Herrn Torsten Weinhold, zwei ausgewiesenen Fachexperten der Deutschen Bahn, geführt.

Vor Ort wurde zunächst die Feste Fahrbahn-Bauart STA (früher ÖBB-PORR) des österreichischen Herstellers PORR besichtigt und die während des Einbauprozesses erfolgenden Montageschritte erläutert. Das System ÖBB-PORR ist innerhalb des Fildertunnels und des Tunnels nach Ober- und Untertürkheim in Stuttgart verbaut. Bei diesem System werden die Tragplatten in einem Fertigteilwerk vorgefertigt und anschließend auf der Baustelle eingebaut.

  • Das FF-System ÖBB PORR: Die Platten sind zunächst mit Hilfe von hochpräzisen Vermessungsinstrumenten vorzumontieren. Der Verbund zwischen den Fertigteilplatten und der Ausgleichsschicht auf Tunnelsohle erfolgt anschließend durch selbstverdichtenden Beton. Die hier angeforderte Einbaugenauigkeit bei der Gleislage liegt bei 0,2 mm (dieser Wert entspricht der möglichen Messgenauigkeit).
Eine kurze Einführung in die Weichentechnik
Eine kurze Einführung in die Weichentechnik

Zur Gewährleistung der Rettungs-/Fluchtwege wurde die Feste Fahrbahn in Tunneln mit mehr als 1000 Meter Länge für Straßenfahrzeuge befahrbar ausgeführt. Diese so genannten Befahrbarkeitsplatten machen die Feste Fahrbahn im Notfall für Einsatzfahrzeuge befahrbar. Die Herstellung und Ausführung der Befahrbarkeitsplatten, u.a. bspw. deren Befestigung, ist je nach Oberbauausführung unterschiedlich. Die im Fildertunnel zwischen den Schienen eingebauten Befahrbarkeitsplatten liegen lediglich auf den PORR-Platten auf, während eine zusätzliche Befestigung der außenliegenden kleinen Befahrbarkeitsplatten notwendig ist.

Es erfolgte zudem eine kurze Begehung des Fildertunnels. Bei dieser konnten unterschiedliche Tunnelbauweisen (offene Bauweise im Portalbereich, ansonsten bergmännische Bauweise und Bauweise mit Tunnelvortriebsmaschine (TVM) mit Tübbingen) begutachtet werden. Auch verschiedene Konzepte zur Vermeidung des von in den Tunnel einfahrenden Zügen hervorgerufenen Geschwindigkeitsknalls wurden erläutert. So kann dieser Geschwindigkeitsknall bspw. durch Lüftungsschlitze im Portalbereich oder alternativ über ein im Vergleich zum Tunnelquerschnitt erweitertes Tunnelportal (vgl. Sonic Boom Bauwerk) deutlich verringert werden.

Nach einer stärkenden Mittagspause ging es zur zweiten Station des Tages. Hier wurde nun die Freie Strecke des Loses D des Projekts S21 begangen. Dabei konnte der Betonier-Prozess der Festen Fahrbahn Bauart RHEDA 2000 von der Betoneinbringung über das Verdichten und Glätten bis hin zur Aufbringung des Nachbehandlungsmittels begutachtet werden. Im Unterschied zur Festen Fahrbahn des Typs PORR wird die Feste Fahrbahn des Typs RHEDA dementsprechend in Ortbetonbauweise hergestellt. Sämtliche Arbeitsschritte der Betonage werden mit Hilfe eines Betonagezugs durchgeführt.

  • Fachlicher Exkurs: Der RHEDA 2000 – FF besteht aus Frostschutzschicht, hydraulisch gebundener Tragschicht (HGT) und Betontragschicht mit integrierten Bi-Block-Schwellen. Die Herstellungsgenauigkeit bezogen auf die Schienenoberkante liegt bei ebenfalls 0,2 mm (dieser Wert entspricht der möglichen Messgenauigkeit).

Besonderes Highlight war, dass die Studierenden hier beim Einbau der Bewehrung sowie beim Anziehen der Schwellenschrauben auch selbst tätig werden und Hand anlegen konnten. Weiterhin wurden bereits fertig gestellte Weichen mit starrem und beweglichem Herzstück in Fester Fahrbahn begutachtet. Gegen 18:30 Uhr ging es dann weiter per Bus ins Hotel nach Augsburg. Der ereignisreiche und spannende, aber auch durchaus anstrengende erste Exkursionstag wurde mit einem Besuch eines örtlichen Restaurants abgeschlossen.

Besuch bei der Fa. Maurer SE
Besuch bei der Fa. Maurer SE

Der zweite Exkursionstag begann um 8:30 Uhr Fahrt mit einer Busfahrt nach München. Dort stand vormittags der Besuch bei der Firma Maurer SE auf dem Programm. Das Unternehmen stellt u.a. Brückenlager, (Schwingungs-) Dämpfer, Erdbebenvorrichtungen sowie Übergangskonstruktionen für Straßen- und Eisenbahnbrücken her.

  • Fachlicher Exkurs: Die Aufgabe von Fahrbahnübergangskonstruktionen besteht hauptsächlich im Ausgleich der entstehenden Verformungen und Bewegungen des Brückenüberbaus. Sie befinden sich im Normalfall an den Brückenenden an der Schnittstelle zwischen Brückenüberbau und Widerlager. Verformungen entstehen beispielsweise aufgrund der temperaturbedingten Längenänderung des Brückenüberbaus oder aus Durchbiegung aufgrund der Verkehrsbelastung und reichen je nach Brückengröße von wenigen Millimetern bis in den Meterbereich.

Zunächst erfolgte eine kurze Vorstellung des Unternehmens durch Herrn Oliver Nagel. Im Anschluss ging es für den praktischen Einblick ins Werk vor Ort. Dort konnte der Herstellungsprozess unterschiedlicher Übergangskonstruktionstypen (z.B. Schneiden, Krümmen, Schweißen, Montieren, Lackieren) anschaulich und schrittweise nachvollzogen werden.

Als besonderes Highlight konnte die innovative Wanderschwelle begutachtet werden. Diese Konstruktion ermöglicht einen erdbebensicheren Übergang zwischen Brückenüberbau und Widerlager bei Bahnbrücken. Sie basiert auf dem Prinzip der Schwenktraversen-Dehnfuge, welche im Straßenbau Anwendung findet, ist dabei jedoch, aufgrund der höheren Belastungen, deutlich stabiler. Die zugüberfahrtsbedingten schnellen vertikalen Überfahrtsimpulse kann die Wanderschwelle ermüdungsfrei aufnehmen. Das System kann sowohl horizontale und vertikale Bewegungen als auch Torsionsbeanspruchungen aufnehmen. Die weltweit ersten Wanderschwellen wurden für die Bahnlinie Toluca-Mexiko City angefertigt.

Im Anschluss an die Werksführung folgte ein gemeinsames Mittagessen in einem original bayrischen Biergarten. Bei Ochsenbraten, Käsespätzle und Roulade wurde etwas entspannt und die bisherigen Exkursionseindrücke besprochen.

Ein Blick auf die Baustelle
Ein Blick auf die Baustelle

Ab 14:00 Uhr stand die nächste Exkursionsstation auf dem Programm. Es wurde das Informationszentrum der 2. Stammstrecke der Münchner S-Bahn am Marienhof besucht. Diese Strecke soll die bestehende S-Bahn-Stammstrecke auf eine Länge von ca. 11 km zwischen den Bahnhöfen Laim im Westen sowie Leuchtenbergring im Osten im Innenstadtgebiet Münchens entlasten. Neben dem Umbau bzw. der Erweiterung von bereits bestehenden Stationen werden zudem drei neue unterirdische Stationen gänzlich neu gebaut. Besondere bauliche und logistische Herausforderungen bestehen beim Bau der neuen Stationen Hauptbahnhof und Marienhof, da sich diese Stationen in einer Tiefe von rund 40 Metern befinden werden.

Mehr zum Streckenplan

Nach einem einleitenden, spannenden Vortrag von Herrn Jörg Mader der DB Netz AG konnten die Studierenden die verschiedenen Stände des Infocenters durchlaufen. Hier wurden verschiedene Informationen zum Bauvorhaben (z.B. archäologische Funde, Kommunikation mit den Anwohnern aber natürlich auch bautechnische Details) gegeben. Durch VR-Animationen konnte zudem ein Einblick des zukünftigen Zustands nach Beendigung der Bauarbeiten gewonnen werden. Abschließend konnte von der Dachterrasse ein Blick auf die Baustelle am Marienhof geworfen werden. Diese wird in Deckelbauweise realisiert. Von der Dachterrasse aus hatte man zudem einen sehr guten Blick auf das Stadtpanorama Münchens.

Am Nachmittag hatten die Studierenden Zeit zur freien Ausgestaltung. Diese Zeit wurde entweder für einen Stadtrundgang oder alternativ für einen Besuch des Oktoberfests genutzt. Gegen Abend ging es dann wieder per Bus zurück ins Hotel nach Augsburg.

Werksbesichtigung bei der Fa. Vögele
Werksbesichtigung bei der Fa. Vögele

Kurz vor neun ging es los in Richtung Ludwigshafen am Rhein zum Werk der Firma Vögele, einem der größten Hersteller von Asphaltfertigern weltweit. Vor Ort begrüßte uns Herr Friedhelm Pahlke, welcher uns dann auch den restlichen Tag fachkundig begleitete.

Herr Pahlke präsentierte kurzweilig über die Struktur der Firma Vögele. Auch allgemeine Informationen wie Hauptprodukte, Produktionsstandorte und Informationen über das Werk in Ludwigshafen konnten vermittelt werden.

Im Anschluss führte uns Herr Pahlke durch die Produktions- und Montageabteilungen des hochmodernen Werks, in welchem verschiedene Fertiger für den weltweiten Markt teilautomatisiert produziert werden. Der Produktionsprozess wird mit der Produktion der Bohle – dem wichtigsten Bestandteil eines Fertigers – begonnen.

  • Fachlicher Exkurs: Ein Asphaltfertiger ist eine Maschine, welche im Straßenbau eingesetzt wird. Mit dieser lassen sich ungebundene und gebundene Schichten (wie z.B. Asphalt) herstellen. Wesentliche Bestandteile sind der Aufnahmebehälter (in welchen das Asphaltmischgut eingefüllt wird), das Kratzerband (welches das Mischgut zur Bohle transportiert) sowie die Einbaubohle. Die Hauptaufgabe der Einbaubohle besteht darin, das Mischgut über die zu realisierende Einbaubreite und -dicke gleichmäßig und profilgenau zu verdichten und somit eine geschlossene und ebene Struktur zu erzeugen. Im Anschluss erfolgt die Endverdichtung durch Walzen.

Je nach Tradition und baulichen Anforderungen kommen hierbei jedoch weltweit unterschiedlich modifizierte Fertigermodelle zum Einsatz.

Gegen 17:30 Uhr verabschiedeten wir uns in Ludwigshafen und beendeten diese sehr ereignisreiche und spannende Exkursion mit der Rückfahrt nach Darmstadt.

Ein besonderer Dank gilt auch Herrn Tristan Mölter von der DB Netz AG, welcher bei der Organisation der Exkursion tatkräftig zur Seite stand.